Er hat Spanien buchstäblich auf vier Räder gesetzt. Der Seat 600 löste eine wahre Revolution aus. Der Kleinwagen, der vor 50 Jahren zum ersten Mal auf den Markt gekommen war, ließ das Auto in Spanien zu einem Massenverkehrsmittel werden.
Er wurde zum Symbol des spanischen Wirtschaftswunders in den 60er Jahren und trug maßgeblich dazu bei, dass das damals noch landwirtschaftlich geprägte Land zu einem modernen Industriestaat aufstieg.
Der Seat 600 hatte für die Spanier eine ähnliche Bedeutung wie der VW-Käfer für die Deutschen oder der Fiat 500 für die Italiener – mit dem Unterschied allerdings, dass Spanien bei der Automobilisierung zehn Jahre hinter dem westlichen Europa hinterher hinkte.
Als die ersten Exemplare im Juni 1957 auf den Markt kamen, fuhren auf den Straßen des Landes vor allem Mopeds, Motorräder mit Beiwagen, dreirädrige Gefährte oder Eselskarren. Auf 1000 Einwohner kamen damals 3 Autos, heute sind es über 600.
«La pelotilla» (das Bällchen), wie die Spanier den Kleinwagen wegen seiner rundlichen Form liebevoll nannten, erwies sich sofort als ein durchschlagender Erfolg. Binnen weniger Wochen war die Produktion von zwei Jahren durch Vorbestellungen im Voraus reserviert. Manche Spanier mussten bis zu vier Jahre auf ihr erstes Auto warten. Der Seat 600 spielte in Kinofilmen eine Rolle und wurde in Schlagern besungen.
Das Auto krempelte das Leben der Spanier gründlich um. Ganze Familien konnten nun mit den Kleinwagen ihr Land bereisen. Die Kirche sah sich gezwungen, die Heilige Messe auf den Samstag vorzuziehen, weil viele Gläubige am Sonntag lieber an den Strand oder ins Grüne fuhren.
«Mit dem Seat 600 verabschiedeten die Spanier sich von ihrer Vergangenheit und begaben sich auf einen Wochenend- Trip, von dem sie bis heute nicht zurückgekehrt sind», schrieb der Autor Manuel Vázquez Montalbán.
Der eigene Wagen gab der Bevölkerung in der Franco-Diktatur (1939-1975) ein Gefühl von Freiheit. Der Ökonom Fabián Estapé meinte gar: «Spaniens Übergang von der Diktatur zur Demokratie war nicht so sehr das Werk von König Juan Carlos und des damaligen Ministerpräsidenten Adolfo Suárez, sondern vor allem des Seat 600.»
Dabei war der Kleinwagen keine spanische Erfindung. Er war – mit geringen Abweichungen – dem Fiat 600 nachempfunden und wurde in Spanien mit italienischer Lizenz produziert.
Die ersten Modelle kamen mit ihren 22 PS nur auf 95 Stundenkilometer, die späteren brachten es mit 29 PS auf eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Stundenkilometer. Der Seat 600 war keineswegs billig. Der Preis von 71 000 Pesetas – inklusive einer Luxussteuer (!) – entspricht nach der Kaufkraft gemessen einer Summe von heute 20 000 Euro.
14 Jahre lang war der Seat 600 die Nummer eins auf den spanischen Straßen. Als die Produktion 1973 eingestellt wurde, waren fast 800 000 Exemplare vom Band gelaufen.
Fiat stellte später seine Zusammenarbeit mit Seat ein. Heute ist der spanische Autohersteller eine Tochter des VW-Konzerns. «La pelotilla» hat noch immer viele Fans. José Martínez «Pirri», ehemaliger Fußballstar von Real Madrid, schwärmt: «Ich habe viele größere und stärkere Autos gehabt, aber keines war so gut wie der Seat 600.»
Sibylle Wagenknecht
Er wurde zum Symbol des spanischen Wirtschaftswunders in den 60er Jahren und trug maßgeblich dazu bei, dass das damals noch landwirtschaftlich geprägte Land zu einem modernen Industriestaat aufstieg.
Der Seat 600 hatte für die Spanier eine ähnliche Bedeutung wie der VW-Käfer für die Deutschen oder der Fiat 500 für die Italiener – mit dem Unterschied allerdings, dass Spanien bei der Automobilisierung zehn Jahre hinter dem westlichen Europa hinterher hinkte.
Als die ersten Exemplare im Juni 1957 auf den Markt kamen, fuhren auf den Straßen des Landes vor allem Mopeds, Motorräder mit Beiwagen, dreirädrige Gefährte oder Eselskarren. Auf 1000 Einwohner kamen damals 3 Autos, heute sind es über 600.
«La pelotilla» (das Bällchen), wie die Spanier den Kleinwagen wegen seiner rundlichen Form liebevoll nannten, erwies sich sofort als ein durchschlagender Erfolg. Binnen weniger Wochen war die Produktion von zwei Jahren durch Vorbestellungen im Voraus reserviert. Manche Spanier mussten bis zu vier Jahre auf ihr erstes Auto warten. Der Seat 600 spielte in Kinofilmen eine Rolle und wurde in Schlagern besungen.
Das Auto krempelte das Leben der Spanier gründlich um. Ganze Familien konnten nun mit den Kleinwagen ihr Land bereisen. Die Kirche sah sich gezwungen, die Heilige Messe auf den Samstag vorzuziehen, weil viele Gläubige am Sonntag lieber an den Strand oder ins Grüne fuhren.
«Mit dem Seat 600 verabschiedeten die Spanier sich von ihrer Vergangenheit und begaben sich auf einen Wochenend- Trip, von dem sie bis heute nicht zurückgekehrt sind», schrieb der Autor Manuel Vázquez Montalbán.
Der eigene Wagen gab der Bevölkerung in der Franco-Diktatur (1939-1975) ein Gefühl von Freiheit. Der Ökonom Fabián Estapé meinte gar: «Spaniens Übergang von der Diktatur zur Demokratie war nicht so sehr das Werk von König Juan Carlos und des damaligen Ministerpräsidenten Adolfo Suárez, sondern vor allem des Seat 600.»
Dabei war der Kleinwagen keine spanische Erfindung. Er war – mit geringen Abweichungen – dem Fiat 600 nachempfunden und wurde in Spanien mit italienischer Lizenz produziert.
Die ersten Modelle kamen mit ihren 22 PS nur auf 95 Stundenkilometer, die späteren brachten es mit 29 PS auf eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Stundenkilometer. Der Seat 600 war keineswegs billig. Der Preis von 71 000 Pesetas – inklusive einer Luxussteuer (!) – entspricht nach der Kaufkraft gemessen einer Summe von heute 20 000 Euro.
14 Jahre lang war der Seat 600 die Nummer eins auf den spanischen Straßen. Als die Produktion 1973 eingestellt wurde, waren fast 800 000 Exemplare vom Band gelaufen.
Fiat stellte später seine Zusammenarbeit mit Seat ein. Heute ist der spanische Autohersteller eine Tochter des VW-Konzerns. «La pelotilla» hat noch immer viele Fans. José Martínez «Pirri», ehemaliger Fußballstar von Real Madrid, schwärmt: «Ich habe viele größere und stärkere Autos gehabt, aber keines war so gut wie der Seat 600.»
Sibylle Wagenknecht
google center mitte
Neueste Kommentare