Enteignung von Immobilien- und Grundstückbesitz in Spanien
In Spanien sind Enteignungen zugunsten des Allgemeinrechts keine Seltenheit. Dabei werden Grundstücke in landwirtschaftlich genutzten oder dünn besiedelten Gebieten eher enteignet als solche, die sich in urbanen Regionen befinden. Aber auch in Spanien wird nicht willkürlich enteignet. Die Eigentumsrechte sind in der spanischen Verfassung von 1978 in Artikel 33 festgelegt.
Enteignungen laufen innerhalb genau definierter gesetzlicher Rahmenbedingungen ab. Das private Eigentum ist wie in jedem Rechtsstaat anerkannt und geschützt, allerdings darf die Eigentumsgarantie nicht das Interesse des sozialen Gefüges sprengen. Gerechtfertigt sind Enteignungen dann, wenn sie dem Allgemeinrecht zu Gute kommen.
Enteignet werden kann etwa bei:
- Baumaßnahmen für Straßen, Autobahnen, öffentlichen Gebäuden, Zugverbindungen, Flughäfen.
- Überlandstromleitungen und Telekommunikationseinrichtungen wie Telefon- und Sendemasten
- Truppenübungsplätzen
- Umsiedlungen wegen Braunkohleabbau
- Neu erklärten Naturschutzgebieten
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Gesetzliche Basis
Zentrale gesetzliche Grundlage für Enteignungen ist die Ley de Expropiación forzosa von 1954. Dieses Basisgesetz wird zum Teil von anderen tangiert: dem Fernstraßengesetz Ley de Carreteras, dem Küstengesetz Ley de Costas oder dem Gesetz über historische Kunstschätze, Ley del Patrimonio Histórico Español.
Rechtsverordnungen regeln den verwaltungstechnischen Ablauf. Je nach Projekt entscheidet die Gemeinde, die Landesregierung oder das Fomento-Ministerium in Madrid über eine Enteignung.
Wenn eine Enteignung aus städtebaulicher Hinsicht geplant ist, stimmt zum Beispiel die Gemeinde in einer Ratssitzung über diese ab. Der Beschluss der Gemeindevertreter wird dann innerhalb einer bestimmten Frist öffentlich am Schwarzen Brett des Rathauses sowie im offiziellen Anzeiger der Gemeinde und in der Tageszeitung bekannt gegeben.
Die von der Enteignung Betroffenen erhalten einen Brief, in dem ihnen die Entscheidung der Ratssitzung mitgeteilt wird. Dabei geht die Post an die im Katasteramt vorliegende Steueranschrift. Innerhalb von 15 Tagen kann Widerspruch eingelegt werden. Zusätzlich sollte auch ein Alternativvorschlag vorgebracht werden. Die Unterlagen werden per Post in Spanisch und in doppelter Ausführung ans Rathaus geschickt.
Entschädigung
Den Betroffenen steht eine adäquate Entschädigung zu. In jedem Fall ist es jedoch ratsam, sich rechtzeitig Rechtsschutz zu suchen, damit geprüft werden kann, ob überhaupt enteignet werden darf.
Außerdem können die Betroffenen Einspruch einlegen, wenn sie die Entschädigungssumme für zu niedrig befinden. Es gibt bereits etliche Fälle, in denen zugunsten des Enteigneten entschieden wurde.
Allerdings sollten sich die Forderungen in einem vernünftigen Rahmen bewegen und Immobilien nicht übertaxiert werden. Die tatsächliche Attraktivität des Standorts sowie die Bausubtanz muss mitbedacht werden.
Ist ein Bürger dennoch unzufrieden mit seiner Entschädigungssumme und verlangt eine höhere, muss er diese gegenüber dem Staat begründen. Erst dann wird ein Entscheidungsvorschlag unterbreitet, in den der Wert des Grundstücks, die Kosten für den Umzug und andere Entschädigungspositionen mit einfließen. Innerhalb bestimmter Fristen wird dann ausbezahlt.
Ist der Bürger damit unzufrieden, wird ein Gutachtergremium eingeschaltet, das Jurado provincial de Expropiación. Das Gremium, das sich aus Richtern, Verwaltungspersonen und Landvermessungsingenieuren zusammen setzt, überprüft den Vorschlag des Ministeriums und die Forderung des Betroffenen. Mit dem Schiedsspruch kann der Eigentümer dann weiter vor das Verwaltungsgericht ziehen.
Unterschied: Enteignung und Abtretung
Eine Enteignung ist nicht mit einer Abtretung gleichzusetzen. Der Betroffene erhält bei einer Abtretung meist keine Entschädigung. Denn in Spanien zählt es zur Pflicht eines Bürgers, einen bestimmten Teil seines Grundstückes kostenlos zur Schaffung von öffentlichen Gebieten, Straßenbau und Bürgersteig und für Allgemeinbelange abzugeben.
Anlieger werden obendrein zu den Erschließungskosten herangezogen. Im Gegenzug erhalten die Immobilienbesitzer bessere Infrastruktur, eine Voraussetzung für die Wertsteigerung ihrer Immobilien.
04/ Anja Nitschky red 2011
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