Erfolg hat seinen Preis. Madrid wird man bald in einem Atemzug mit London, Mailand oder Wien nennen. Denn mit Gérard Mortier holt sich die spanische Metropole einen Erfolgsgaranten an ihr Opernhaus. Das hat er in Salzburg und Paris bewiesen, das hätte er auch an der New Yorker City Opera getan, hätten die finanziellen Rahmenbedingungen gestimmt.

Mortier ist ein erfreuliches Gegenbeispiel zu den Sparministern, die allenthalben an Theatern mehr Qualität bei weniger Geld versprechen und letztlich doch nicht das Absinken des künstlerischen Niveaus verhindern können. Der Belgier verspricht hingegen künstlerischen Erfolg, macht aber auch keinen Hehl daraus, dass der seinen Preis hat. In New York war man nicht bereit, diesen Preis zu zahlen. Zur Freude der Spanier.

Ob dabei nun ein Chefdirigent die musikalischen Geschicke bestimmt oder steter Wandel, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist Mortiers Anspruch. Mit einem Drittel Oper des zwanzigsten Jahrhunderts will er ein Repertoire etablieren, das sich wohltuend vom Immergleichen abhebt – und zeigt, wie zeitgemäß Oper sein kann.

Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung Digitale Pressemappe

Ein paar weitere Pressestimmen zu Mortier und seinem Engagement in Madrid :
Die Mutprobe
Gerard Mortier geht als Opernchef nach Madrid
Erst vor drei Wochen hat Opernimpresario Gerard Mortier der New York City Opera einen Korb gegeben, weil die ihm den zugesagten Etat von 60 Millionen Dollar beinahe halbieren wollte. Jetzt hat der Theatermacher, der gerade 65 Jahre alt wurde und mit Ende dieser Spielzeit seinen Posten an der Pariser Opéra verlässt, einen neuen Vertrag in der Tasche. Ab Januar 2010 wird er das Teatro Real in Madrid leiten.

Eine überraschende Entscheidung. Denn das Teatro Real, nach über 70 Jahren Pause erst 1997 wiedereröffnet, hat es bisher nicht geschafft, sich als eines der ersten Häuser zu etablieren. Schon der Start unter Stéphane Lissner verunglückte und mit den Chefdirigenten García Navarro und Jesús Lãpez-Cobos konnte das Haus keine Synthese aus mitteleuropäischer Operntradition und spanischen Lokalbedürfnissen finden. Stagione-Betrieb, Coproduktionen, Übernahmen taten ein Übriges.

Den Spagat zwischen Europa und Spanien wird nun Mortier hinbringen müssen, und er wird ihn eventuell sogar zum Dreisprung ausbauen – hat er doch für New York bereits ein Walt-Disney-Projekt mit Phil Glass verabredet hat, und auch mit Charles Wuorinen ein Stück geplant. Aber werden solche erzamerikanischen Projekte im amerikaskeptischen Spanien funktionieren?

Das sind sicher nicht die einzigen Probleme, die auf Madrid zukommen. Mortier ist ein Mann der Moderne mit klaren Vorlieben, auch ein Mann der klaren Worte, der aus seiner liberalen Haltung kein Hehl macht. Solange die Sozialisten an der Macht sein werden, wird er die nötige Unterstützung haben. Sollten aber die hinterwäldlerisch nationalistischen Konservativen an die Macht kommen, wird das zu Zerreißproben führen – Lissner hat das erlebt. Zudem setzt Mortier gern auf von ihm Erprobtes und Modernes: Kaija Saariaho, Peter Sellars, Krzysztof Warlikowski, Messiaens „Saint François“ und Christoph Marthaler sind ihm allemal lieber als der „Ring“ oder „Lakmé“. Da wird das Madrilener Publikum staunen – und umlernen müssen.

Mortier in Madrid, das zeugt von Mut. Zumal Valencias Oper mit sehr, sehr viel Geld auf den großen betörenden Opernzirkus setzt, ganz ähnlich wie das etwas fortschrittlichere Barcelona. Madrid muss nun wieder zum ersten und interessantesten Haus des Landes werden: Wer aber außer Mortier könnte das schon schaffen?