Das Thema der Krankenversicherungen in Spanien ist sehr komplex und bedarf wegen der Wichtigkeit der Versicherung und der Langfristigkeit der Verträge der eingehenden Erläuterung. Zur Desorientierung der Verbraucher tragen die oft verwirrenden und auch falschen Werbeaussagen bei.
Angesprochen auf eine besonders krasse Falschaussage in einer Anzeige, antwortete ein deutscher Vermittler, dass dies nun einmal nur Werbung sei, in dessen Rahmen nicht alles wahr sein kann. Schon deshalb ist eine eingehende Abhandlung des Themas für den Residenten und den Langzeiturlauber wichtig.-
Systeme der Krankenversicherung
- Angebote deutscher Versicherer
- Angebote spanischer Versicherer
- Zahnversicherung
- Kündigung der deutschen Versicherung
Das System der Krankenversorgung
Um die Systematik der Krankenversicherung bewerten zu können, muss zunächst auf das System der Krankenversorgung in Spanien eingegangen werden. Die spanische Sozialversicherung stellt eine soziale Grundversorgung zur Verfügung, die nicht mit der Qualität der deutschen Versorgung zu vergleichen ist. Die Beiträge der Sozialversicherung sind sehr viel geringer als in Deutschland. Dafür wird allen eine gewisse Grundversorgung, die sich auf bestimmte Sozialversicherungsärzte und Sozialversicherungskrankenhäuser bezieht, geboten.
Wenngleich die Ärzte in den Kliniken sehr engagiert sind, schon um zu weiterführenden Aufgaben in Privatkliniken berufen zu werden, sind Ausstattung, Zimmer usw. nicht mit deutschem Standart vergleichbar. Auch die meisten Spanier haben aus diesem Grund zusätzlich eine private Krankenversicherung.
Neben den Sozialversicherungsärzten gibt es ein umfangreiches Angebot an Privatärzten, die Verträge mit den privaten Krankenversicherern haben. Diese Ärzte sind mit den normalen deutschen Kassenärzten vergleichbar. Die Privatkliniken sind meist im Besitz von Ärztegemeinschaften oder (die größeren und besser ausgestatteten) im Besitz von Versicherungsgesellschaften.
Diese Hospitäler sind weit besser ausgerüstet als die normale deutsche Klinik, vor allem was die Zimmer und den Service betrifft. Einzelzimmer, Beistellbett für den Angehörigen, Sitzecken für Bekannte, Bad, Fernseher und Telefon sind hier normaler Standart. Täglich mehrfache Arztvisite und intensive persönliche Betreuung durch den Arzt sind in Spanien normal.
Weiterhin gibt es auch hier reine Privatärzte, wie in Deutschland, die nur gegen Privatrechnung behandeln, die deutlich über den normalen Behandlungskosten liegen, und denen die Gebührensätze der Versicherer nicht genügen.
Die Masse der Ärzte, die befähigt genug sind Privatarzt zu werden, aber auch nicht nur einige Privatpatienten behandeln wollen, fallen somit in der Regel in die mittlere Gruppe, von einigen ganz besonderen Kapazitäten abgesehen, die dann privat verrechnen.
Systeme der Krankenversicherungen
In Spanien unterscheiden sich die Versicherungsangebote erheblich in den Deckungen und nicht nur, wie in Deutschland, durch Beitrag und einige Zusatzeinschlüsse. Vergleichen Sie unbedingt die Versicherer nicht anhand von Anzeigen oder Aussagen in Prospekten, da jeder Agent einer Gesellschaft natürlich nur die positiven Seiten seines Angebots herausstellt und nicht die Nachteile aufzeigt.
Vergleichen Sie die Versicherungsbedingungen, die Ihnen vor Vertragsabschluss ausgehändigt werden sollten (viele bieten auch deutsche Bedingungen an), oder fragen Sie gezielt und lassen Sie sich die Antworten am besten schriftlich bestätigen. Dazu dient die Liste im gesonderten Kästchen. Die deutschen Versicherungen sind in einem Punkt nicht auf das hiesige Klinikangebot abgestellt. Keine Gesellschaft hat bisher schriftlich bestätigt, dass das Beistellbett für den Angehörigen und dessen Versorgung vertraglich mitversichert gilt. Dies ist aber der Normalfall in den Krankenhäusern. In den meisten Fällen wird dieser Punkt der Rechnung zwar nicht auffallen und damit gezahlt werden, aber ein Anspruch besteht, außer bei Begleitung von Kindern, nicht.
Vergleichspunkte / Auswahlkriterien für private Krankenversicherung:
§ Besteht freie Arztwahl/Krankenhauswahl?
§ Höhe der Selbstbeteiligung bei Arzt / Krankenhaus
§ Ausschlüsse (vor allem: Dialyse, AIDS, Transplantationen)
§ Gibt es Wartezeiten?
§ Gibt es eine Höchstentschädigung pro Jahr?
§ Leistungsdauer im Krankenhaus oder Intensivstation eingeschränkt?
§ Sind Kfz-/Berufsunfälle mitversichert?
§ Auslandsreiseversicherung eingeschlossen?
§ Vorsorgeuntersuchungen mitversichert?
§ Jahresbeitrag
§ Gibt es einen Zuschuss vom Rentenversicherer? Auch wichtig, wenn erst später die Rente beantragt werden kann.
Angebote deutscher Versicherer
Langjährig angeboten werden die Reise-Krankenversicherungen – meist über Vereine und Vereinigungen für Residenten bei denen es sich nicht um einen gesetzlichen oder privaten Vollversicherungsschutz handelt. Der Versicherer Hanse Merkur, der jahrelang sehr offensiv über einen Vermittler in Spanien diese Versicherungen angeboten hat, hat in der CBN Nr. 876 vom 29.9.00 diese Policen erläutert.
Es handelt sich um eine Versicherung für AKUTE Erkrankungen. Der Versicherer weist ausdrücklich darauf hin, dass es nicht zu empfehlen ist, eine bestehende private oder gesetzliche Versicherung zu kündigen. Ein CBN-Leser war enttäuscht, dass eine Polypen-Operation nicht erstattet wurde, was jedoch – da keine akute Erkrankung – folgerichtig und korrekt ist. Eine gesetzliche oder private Vollversicherung wäre für diese Operation zuständig. In dieser Reiseversicherung sind nur Personen versicherbar, die Ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben haben. Ein Zuschuss durch den Rentenversicherer wird nicht gezahlt, was aber auch unnötig ist, da man ja eine Vollversicherung auch abschließen oder aufrechterhalten muss, für die dann der Zuschuss gezahlt wird.
Auch in einigen anderen Punkten entspricht die Werbung nicht den Vorschriften der Versicherungsbedingungen
Nicht für alle Maßnahmen gibt es eine 100 %-Erstattung. Z. B. Massagen werden nur bis zu 127 Euro erstattet (§ 4/1d), Zahnersatz (30 Euro/Monat) nur zu 80 % und bis zu 1278 Euro pro Jahr (§ 3/1) und Sehhilfen bis 77 Euro. Keine Entschädigung gibt es z. B. für Reha-Maßnahmen, Psychotherapie, Entbindungen, AIDS. Außerdem geht nach § 5 der Anspruch aus einem privaten oder gesetzlichen Vertrag dem Anspruch gegen den Reiseversicherer vor. D. h. der Anspruch ist erst dem Hauptversicherer, der ja nötig ist, zu melden. Die Kosten, die über deren Erstattung hinausgehen zahlt dann die Reiseversicherung.
Kündigungsschutz gibt es für die einzelnen Mitglieder des Gruppenvertrages. Dieser gesamte Vertrag des Vereins aber kann nach § 3/Abs.4 von dem Versicherer zum Jahresende gekündigt werden, was nach Aussage des Vorsitzenden des Vereins nur aus wichtigem Grund (unseriöses Verhalten o. ä.) geschehen kann. Die Hanse Merkur hat kürzlich den Vertrag aber gekündigt und nun stehen die Versicherten im Regen, da viele wegen Alter keinen neuen Vertrag anderweitig bekommen!
Sinnvoll ist diese Versicherung somit für Personen, die ständig hier leben und den deutschen Sozialversicherungsvertrag aufrechterhalten wollen oder müssen, aber für die Kosten, die über den Erstattungen der deutschen Versicherer liegen, eine Zusatzabsicherung erhalten wollen. Sofern einem die privaten Kassenärzte in Spanien ausreichen, ist man deutlich günstiger über die spanische Vollversicherung oder eine deutsche Vollversicherung nach neuer Art (siehe unten) abgedeckt. Darüber hinaus sind einige spanische Versicherungen und die deutsche Vollversicherung neuer Art von den Rententrägern anerkannt, sodass die Hälfte der Beiträge übernommen werden, wenn man auf die Sozialversicherung in Deutschland verzichtet. Bestehende deutsche Privatversicherungen übernehmen ohnehin die hiesigen Kosten voll, sind jedoch sehr teuer.
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