Mammutprojekt: Spanien will Las Vegas nachbauen – nur größer

Im Nordosten Spaniens soll das größte Spieler- und Freizeitparadies der Welt entstehen. 32 Kasinos, 70 Hotels, fünf Freizeitparks und vieles mehr. Doch Umweltschützer laufen Sturm gegen das Vorhaben.
Noch ist in Los Monegros vor allem das Heulen des Windes zu hören. „Ruhe und Abgeschiedenheit“ werden in Reiseführern als die größten Attraktionen dieses wüstenähnlichen Landstriches im Nordosten Spanien gepriesen. Doch das soll sich schon bald ändern, denn in der kaum besiedelten Gegend rund eine Autostunde von Saragossa entfernt soll das europäische Las Vegas entstehen.
Die Zahlen des Projekts, auf das sich nun die Regierung der Region Aragonien und eine internationale Investorengruppe mit Sitz in London geeinigt haben, sind schwindelerregend: Um das größte Spieler- und Freizeitparadies der Welt aus dem Boden zu stampfen, sind Investitionen von 17 Milliarden Euro vorgesehen. Das ist doppelt so viel, wie 1992 die Olympischen Spiele in Barcelona gekostet haben.
Jährlich werden 25 Millionen Touristen erwartet
Der „Gran Scala“ genannte Komplex ist als Mischung aus Las Vegas und Disneyland konzipiert. Er soll 32 Kasinos, 70 Hotels, fünf Freizeitparks, eine Pferderennbahn, eine Stierkampfarena, einen Golfplatz, 230 Restaurants und 500 Geschäfte beherbergen, dazu ein Konferenzzentrum und Wohnsiedlungen. All dies auf 20 Quadratkilometern, was in etwa einem Viertel der Fläche einer Stadt wie Regensburg entspricht. Rund 100.000 Menschen sollen dauerhaft dort leben, mit jährlich 25 Millionen Touristen wird gerechnet – derzeit zählen die 31 Dörfer der Umgebung zusammen gerade einmal 21.000 Einwohner, es ist eine der bevölkerungsärmsten Gegenden Europas.
Die sozialistische Regionalregierung Aragoniens sieht in dem Projekt die große Entwicklungschance für einen der ärmsten Landstriche Spaniens. „So etwas konnten wir uns nicht entgehen lassen“, sagt Regierungschef Marcelino Iglesias und rechnet vor: Allein aus den Spielsteuern würden jährlich 1,7 Milliarden Euro in die Kassen Aragoniens und des Zentralstaates gespült. Zudem würden 65.000 Arbeitsplätze geschaffen. „Die Umwelt wird geachtet werden. Andernfalls interessiert uns das Ganze nicht“, verspricht er. So soll auf Sonnen- und Windenergie gesetzt werden.
Umweltschützer: Wo soll das Wasser herkommen?
Umweltschützer bezweifeln das. Für sie ist „Gran Scala“ ein Projekt, das „völlig überflüssig, energieverschwendend und gegen die Prinzipien im Kampf gegen den Klimawandel gerichtet“ ist. So steht es in einer Erklärung von mehreren Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen, die das Vorhaben gemeinsam bekämpfen wollen. Dazu wollen sie auch die EU-Kommission einschalten. Sie erinnern daran, dass Los Monegros als eine in Europa einzigartige Landschaft gilt und es dort Pflanzenarten gibt, die nirgendwo sonst zu finden sind. Die Kritiker fragen sich auch, wo das Wasser für das Mammutprojekt herkommen soll, zumal einer der geplanten Freizeitparks ein Aguapark sein wird.
Die zuständige Investorengruppe ILD (International Leisure Development) mit rund einem Dutzend Partnern aus mehreren Ländern will im dritten Quartal 2008 mit den Bauarbeiten beginnen. Der erste Teil des Spielerparadieses soll bereits in zwei Jahren in Betrieb gehen, der gesamte Komplex 2015 stehen. Als Computermodell existiert er bereits: Inmitten einer futuristischen Anlage sind darauf etwa Nachbauten der ägyptischen Pyramiden oder des Pentagon in Washington zu sehen.
ILD hat sich Los Monegros wegen der strategischen Lage ausgesucht. Die Gegend ist etwa gleich weit entfernt von Städten wie Madrid, Barcelona, Bilbao und Valencia und kann auch von Frankreich leicht erreicht werden. Die Initiatoren rechnen mit einem Einzugsgebiet von 30 Millionen Menschen. Es gebe gute Anbindungen an Autobahnen sowie den Hochgeschwindigkeitszug und außerdem drei Flughäfen im Umkreis von 60 Kilometern. Damit die Kugel im „europäischen Las Vegas“ rollen kann, muss allerdings zunächst die Gesetzgebung geändert werden. Noch sind Kasinos in Aragonien nämlich verboten.
Bezugsquelle:  http://www.zeit.de/news/artikel/2008/01/07/2451417.xml

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