Thai-Chi

Interview mit Dr. Bin Zhao
Interview mit Ralf Bauer
Übungsdarstellungen

In der Ruhe liegt die Kraft

"Die chinesiche Meditation ist ein Zaubermittel gegen fast alle Beschwerden. Nur zwölf Minuten täglich halten Körper und Geist fit.
Wolkenfetzen ziehen am blauen Himmel über den Tempel. Eine Impression voller Harmonie – die perfekte Kulisse für die morgendlichen
Tai-Chi-Übungen des TV Stars Ralf Bauer. Die weich fließenden Bewegungen haben poetische Namen, etwa "Der weiße Kranich breitet seine  Schwingen aus" oder "Das Spiel auf einer chinesischen Leier".
Ralf Bauer,  übt sonntags mit seinem Lehrer und Tai-Chi-Meister Dr. Bin Zhao am Monopteros im Englischen Garten in München.
Der bekannte Schauspieler tankt dabei Harmonie für Körper und Geist, schärft seine Konzentration. Zwölf Minuten lang dauert diese bewegte Meditation. Schon beim Zuschauen spürt man die Energie und die tiefe Ruhe, die Tai-Chi-Übende durchströmt. Diese Quelle zapft Ralf Bauer täglich an.
"Wenn ich auf Tournee bin, buche ich ein Hotel mit einem grünen Fleck in der Nähe", sagt der Schauspieler. Was ist das Geheimnis dieser faszinierenden Meditation, die jedem Menschen zu mehr Gelassenheit und innerer Kraft verhelfen kann?
Bunte sprach mit Dr. Bin Zhao, Arzt für traditionelle chinesische Medizin (TCM), über die geistigen, seelischen und körperlichen  Wirkungen der 400 Jahre alten fernöstlichen Bewegungslehre, die mit vollem Namen Tai-Chi Chuan heißt.

Was bedeuten diese Worte?
Übersetzt "Das höchste Letzte". Das Extrem einer großartigen Bewegung. Diese Worte stehen für eine Technik die den Kopf frei macht und den Körper mit neuer, frischer Energie füllt. Tai-Chi ist eines der bedeutendsten Kulturgüter der chinesischen Völker und blickt auf eine lange Tradition zurück.
Die 24 Übungen des Tai-Chi dienen zur Schärfung der Konzentration und zur Entspannung, wirken gegen körperliche und seelische Beschwerden, stärken Gesundheit und Vitalität.

Eine Übung heißt "Der weiße Kranich breitet seinen Schwingen aus", was bedeutet das ?

Diese Form – so nennen wir jede der 24 Bewegungsbilder – macht einen Vogel nach. Diese Kunst imitiert die Körpersprache der Tiere. Man macht sich so die Energie der Tiere, der Erde, der Natur zu eigen.

Und was ist mit der Form Nr. 14"Der Gegner bekommt mit beiden Fäusten eins auf die Ohren"?
Am Ende der Ming-Dynastie befand sich China in einer kriegerischen Zeit. Wushu war ein Kampfsport, weit verbreitet im Volk. Aus dem Wushu entwickelte sich Tai-Chi. Kampfsport-Elemente sind noch enthalten, sie stärken das Selbstbewusstsein, die Standhaftigkeit, die Durchsetzungskraft. Man hat die Bewegung nur auf eine weiche Form, auf ein langsames Tempo umgestellt, damit Jung und Alt davon profitieren können.

In China sagt man, wer Tai-Chi macht, wird geschmeidig wie ein Kind, gesund wie ein Holzfäller, gelassen wie ein Weiser.
Kann man das auch moderner ausdrücken?
Tai-Chi verbessert die Atmung, die Haltung, die Konzentration. Man hat mehr Energie, lebt gesund, fühlt sich wohler und kann Stress viel leichter bewältigen. Tai-Chi verbessert Geschicklichkeit, Kraft, Gleichgewicht, Flexibilität, Stabilität. Es schont den Bewegungsapparat, erhöht die Spannkraft in den Muskeln, Sehnen und Bändern. Tai-Chi ist eine traditionelle Methode zur Entspannung, zur Festigung der Gesundheit und zur Therapie von chronischen Erkrankungen.

Ist das bewiesen?
Ja, Tai-Chi senkt nachweislich den Blutdruck, behebt Schlafstörungen, hilft gegen Migräne, Spannungskopfschmerzen, Reizmagen, Verdauungsprobleme und Rückenschmerzen. Herz-Kreislaufpatienten profitieren davon, genauso wie Menschen mit orthopädischen Problemen oder Diabetiker.

Warum schwören auch Kerngesunde auf Tai-Chi?
Tai-Chi schärft auch den Geist, harmonisiert die Seele, stärkt das Selbstvertrauen und die Überzeugungskraft. Und es steigert die Lebensfreude. Das spürt man in China frühmorgens im Park.
Die Menschen dort gehen freundlich miteinander um, leben geistig im Paradies. Wir sagten: im selbstbeherrschenden Kreis. Wer im Kreis ist, fühlt sich wohl. Auch der kleine Bauer vergisst während der Tai-Chi Übung, ob die Kartoffeln wachsen oder nicht.

Asiaten, die Tai-Chi machen, sehen  so beweglich, so anmutig aus. 
Haben wir im Westen überhaupt die Gene, um Tai-Chi richtig auszuüben?
Natürlich. Ralf Bauer ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Er hat es binnen einer Woche geschafft, die 24 Formen zu lernen. Mit täglich einer Stunde Üben. Jeder kann das. Zwar nicht ganz so schnell, aber in jedem Alter, auch mit hohem Gewicht und nach jahrelanger körperlichen Inaktivität. Keiner muss sich genieren.

Aber es heißt in China, Tai-Chi sei ein lebenslanger Prozess der Selbstvervollkommnung.
Das ist natürlich das Ideal. In China lernt mancher ein Leben lang. Es gibt Tai-Chi-Arten mit 48 oder 88 verschiedenen Formen. Manche davon sind unglaublich schwierig. Aber das muss natürlich nicht sein: Gestresste oder Hypertonie-Patienten (Bluthochdruckranke) profitieren auch schon nach Wochen.

Die Bewegungen sehen so friedlich, so sanft aus.
Es kommt scheinbar nicht auf Kraft und Tempo an, sondern?
Auf innere Ruhe, auf Konzentration. Man denkt mit Hilfe einer harmonischen Atmung den täglichen Ärger, die Probleme, die Termine weg. Man leert den Geist. Man zentriert sich.
Das heißt: Wer Tai-Chi macht, kommt aus einem unkonzentrierten, gestressten  Zustand in absolute innere Ruhe. Körper und Geist müssen miteinander verbunden sein – ohne geistige Konzentration wäre Tai-Chi nur eine Gymnastik im westlichen Sinne. In der chinesischen Kultur sagt man: Woran man denkt, dorthin geht man. Man denkt: In diese Richtung, nach links, ruhiger werden – und der Körper folgt.

Ist Tai-Chi ein Beruhigungsmittel?
Auch. Aber nicht nur. Es macht den Müden wach, den Gestressten ruhig, den Angespannten locker, den Schwachen stark, den Abgelenkten konzentriert. Menschen mit Verantwortung und Erfolgsdruck sollten täglich Tai-Chi ausüben. So können sie ihre anstrengende Position lange mit frischer Energie und jungem Gesicht erhalten.

Warum soll man Tai-Chi am besten in der Natur ausüben?
Wer neue Kraft tanken will, geht automatisch nach draußen in einen Park in den Wald und nicht in die Tiefgarage. Wir kommen aus der Natur, nicht aus dem Beton. Man sammelt frische Energie, wir nennen das Qi (gesprochen: tschi), am leichtesten und besten in der Natur, weil da reichlich frisches Qi vorhanden ist.

Was ist Qi?
Qi bedeutet Vitalenergie, eine unsichtbare, aber lebenswichtige Substanz, die alles Lebendige durchströmt und erhält. In unserem Körper gibt es 14 Meridiane, die das Qi durch den ganzen Körper leiten wie Adern das Blut. Diese innere Energie muss fließen. Gibt es Blockaden wird der Mensch krank.

Wie entstehen Blockaden?
Blockierungen des Qi-Flusses können durch übermäßigen Stress, körperliche Fehlhaltungen, schlechte Atmung, falsche Ernährung, Schlafmangel oder schädliche Umwelteinflüsse entstehen. Weil dadurch bestimmte Bereiche des Körpers mit Qi unterversorgt werden und sich in anderen die Energie aufstaut, kommt es schließlich zu Qi-Mangel oder Qi-Überschuss-Erkrankungen.

Welche Krankheiten können so entstehen?
Ein Beispiel: Wenn die Leber überhitzt ist – wir nennen das zu großes"Leber-Yang" – kommt es oft zu Kopfschmerzen oder Bluthochdruck. Die Chinesen sehen alle Krankheiten und Beschwerden, egal ob Herz-Kreislauf-Beschwerden, Allergien, Rheuma, Migräne, Magengeschwüre, Schlaflosigkeit oder Depressionen, als Folge einer Störung des Qi-Flusses. Um diese Blockaden wieder zu lösen, behandelt man in China seit Jahrtausenden mit Akupunktur, Tuina-Massagen, Kräutertees und Tai-Chi.

Wieso können Tai-Chi-Bewegungen gegen Migräne oder Depressionen helfen?
Die seltsam anmutenden Bewegungsabfolgen, die spezielle Atmung und die gedankliche Vorstellung dabei beeinflussen direkt den Qi-Fluss in den Meridianen des Körpers: Blockaden werden sanft gelöst, verbrauchtes, schädliches Qi ausgeleitet, frische Energie von außen in den Organismus gelenkt und die Verteilung des Qi harmonisiert. Den frischen Qi-Fluss spüren übrigens auch Anfänger oft als deutliches warmes Strömen in den Meridianen. Wenn die Energie richtig kreist, setzt Heilung ein – körperlich, seelisch und geistig.

Wie lange muss man üben, um von dieser fernöstlichen Methode zu profitieren?
Sie brauchen etwa 12 Minuten, um die 24 Bewegungsformen des Tai-Chi Chuan zweimal zu durchlaufen. Diese 12 Minuten sollten Sie täglich investieren.

Kann man Tai-Chi aus einem Buch lernen?
Eindeutig nein. Sie brauchen einen Tai-Chi-Lehrer, der Ihnen die Bewegung zeigt, sie kontrolliert, bis sie in jede Nervenfaser Ihres Körpers übergegangen sind.

Wie findet man einen gute Tai-Chi-Lehrer?
Es gibt keinen Verband. Fragen Sie bei der Volkshochschule nach, schauen Sie ins Branchenbuch nach einem TCM-Zentrum oder einer TCM-Klinik. In der Bedenweiler Klinik Meridian und in Dortmund im TCM-Zentrum finden beispielsweise ständig Kurse statt.

Tai-Chi soll einem auch dabei helfen, seine Feinde zu lieben.
Ich würde sagen: Tai-Chi führt in einen harmonischen, ausgeglichenen Zustand und das begünstigt Konfliktlösungen. Wer selbst wirklich zufrieden und gelassen ist, vermeidet unnötigen Streit. Auch ein Schritt zum Frieden.

Interview: Marion Grillparzer

Infos:
TCM-Zentrum Dortumund,
Tel. 0231-5310784
Meridian TCM-Zentrum,
Tel. 07632-7530

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Schauspieler Ralf Bauer über Tai-Chi:

"Körper und Geist werden eine Einheit"
Wenn man mit Schauspieler Ralf Bauer,  zum Essen geht, ist man vor Überraschungen nicht sicher. Es kann passieren, dass er mitten im Lokal aufsteht und mal kurz vormacht, was er jeden Morgen treibt.
Dann streichelt er einen Pferderücken oder schlägt die Faust gegen einen imaginären Gegner.
Seit wann machen sie Tai-Chi?
Ich war 1998 zwei Wochen im TCM-Zentrum von Dr. Bin Zhao, wo ich eine asiatische Kur gemacht habe: Massagen, Bäder und Akupunktur. Dort habe ich auch die 24 Übungen gelernt.

Fühlten Sie sich damals nicht wohl?
Ich war völlig gestresst, fühlte mich verloren und hin und her gerissen. Ich habe innerhalb kurzer Zeit drei Filme hintereinander gedreht, in drei Ländern. Ich wollte etwas lernen, bei dem ich meine innere Ruhe finden kann.

Hat das funktioniert?
Tai-Chi ist wirklich erstaunlich, ich bin viel ausgeglichener. Wenn man wie ich so wahnsinnig viel unterwegs ist, hat man oft das Gefühl, dass die Seele noch nicht an dem Ort angekommen ist, an dem man sich gerade befindet. Wenn ich dann morgens meine Übungen mache, merke ich auf einmal, dass Körper und Geist wieder einen Einheit sind.

Was fasziniert Sie also an diesem Sport?
Ich habe ein Faible für alles Asiatische: Feng Shui (chinesische Einrichtungslehre), chinesische Heilkunde, japanisches Essen wie Sushi, aber auch für asiatische Kampfsportarten.
Ich habe mit neun Jahren angefangen, Judo zu machen. Fand Kung-Fu toll. Doch dafür braucht man immer einen Partner, Tai-Chi kann ich allein machen. Oft laufe ich danach noch eine halbe Stunde. Dann fühle ich mich richtig fit.

War es schwer, die Übungen zu erlernen?
Ich war da vielleicht im Vorteil, weil ich während meiner Schauspielschule auch einen Tanzausbildung gemacht habe. Deshalb fallen mir die extrem langsamen Bewegungsabläufe leichter. Aber Tai-Chi kann man immer lernen und auch bis ins hohe Alter machen. Ich werde dabei bleiben. "

Interview: Ch. Soyke
Mit freundlicher Genehmigung von BUNTE
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1. Ausgangsstellung und Beginn der 24 Tai – Chi – Übungen 2. „Des Pferdes Mähne gleichmäßig teilen“ gut für innere Balance
3. „Der weiße Kranich breitet seine Schwingen aus“ – öffnet das Herz 4. „Das Spiel auf einer Leier“ – fördert die Kreativität
5. „Den Schwanz des Vogels fangen“ – gut für die Reflexe 6. „Das Spiel mit der Peitsche“ – harmonisiert die Verdauung
7. „Die Hände schweben im Wolkenfluss“ – entspannt 8. „Der Gegner bekommt eins aufs Ohr“- stärkt Willenskraft
9. „Ein Arm schellt hervor“ – lockert die Muskeln 10. Endpostion – die Kraft strömt durch den Körper