Krieg der Tomaten – Verrückte Gemüseschlacht in Buñol

Durchgeknallt, wahnsinnig oder einfach nur komplett Tomate? Tag ein Tag aus geht es in dem kleinen Bergdörfchen Buñol sehr beschaulich zu. Doch was Ende August in der 10.000-Seelen-Gemeinde los ist, muss man mit eigenen Augen gesehen haben. Was hier passiert, übersteigt die Vorstellungskraft eines Normalbürgers bei Weitem. Wenn das circa 40 Kilometer westlich von Valencia gelegene Städtchen alljährlich aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und sich in ein Irrenhaus verwandelt, ist es wieder so weit: Bei der Tomatina fliegen die Tomaten durch die Luft!

Klingt komisch, ist aber so: Die Tomatina ist nichts anderes als eine Tomatenschlacht. Gleichzeitig gilt sie als Höhepunkt des Stadt- und Volksfestes zu Ehren des Stadtpatrons San Luis Bertrán. Eingeleitet und beendet wird das irrsinnige Treiben, das immer an einem Mittwoch stattfindet, jeweils von einem Böllerschuss. In der Zeit dazwischen bewerfen sich die bis zu 40.000 Personen auf dem Dorfplatz mit dem Nachtschattengewächs.

Weit über 100.000 Tonnen der roten Frucht werden so als Wurfgeschoss missbraucht. Nach dem zweiten Signal-Knall beginnt die traditionelle Reinigung der Stadt. Nun spritzen die Feuerwehrleute Schlachtfeld und Teilnehmer mit ihren Wasserschläuchen ab und Buñol verwandelt sich kurzfristig in eine riesige Tomatensuppenschüssel.

Wie kommt ein sonst so idyllisches Dörfchen zu solch einer wahnsinnigen Tradition, die weit über die Grenzen Spaniens bekannt ist, tapfere Kämpfer aus aller Herren Länder anlockt und darüber hinaus im Jahr 2002 zum Volksfest von weltweitem touristischen Interesse erklärt wurde? Zum Ursprung der Tomatina gibt es mehr als eine Theorie. Angeblich soll einst ein Mann singend und musizierend über den Dorfplatz geschlendert sein. S

eine Darbietungen waren aber so erbärmlich, dass eine Gruppe Jugendlicher zu den Tomaten eines Gemüsestandes griff und den armen Kerl damit bewarf. Nach und nach kamen immer mehr Leute dazu, sodass das Ganze in einer Tomatenschlacht endete.

Tomatina Ursprung – Die Tomatenschlacht von Buñol – Entstehungsgeschichte

Die als wahrscheinlicher gehandelte Entstehungsgeschichte des bunten Schauspiels ist aber eine andere: Beim Patronatsfest von Buñol sollen sich 1945 ein paar Halbwüchsige am Dorfplatz versammelt haben, um die Parade Gigantes y Cabezudos (große Karnevalsfiguren mit grotesken Köpfen aus Pappmaschee) anzuschauen. Doch als sie sich unter das Festkomitee und die Musikkapelle mischten, kam es zu einer Drängelei, bei der einer der Männer mit seiner Pappmaschee Figuren zu Fall kam und wild um sich schlug.

Immer mehr Leute gerieten in das Gerangel. Auch in dieser Theorie sollen sich die Jugendlichen an den Tomaten eines Gemüsestandes vergriffen haben. Sie beschmissen sich so lange damit, bis die Polizei eingriff und die Täter für Schadensersatz zu sorgen hatten. Dennoch blieb der Tag der Tomate unvergessen, sodass sich die Krawalle im nächsten Jahr wiederholten.

Die Behörden untersagten das Treiben daraufhin offiziell. In der Öffentlichkeit erfreute sich das Spektakel aber einer solchen Beliebtheit, dass die von der Stadtverwaltung verhangenen Verbote in den Folgejahren immer wieder aufgehoben oder Ersatzveranstaltungen (Begräbnis der Tomate) von der Bevölkerung initiiert wurden. Seit dem Jahr 1959 schließlich verzichtete das Rathaus auf ein Verbot und erlaubte den Spaß unter Einhaltung einiger Auflagen.

Außerdem erhielt die Tomatina einen facettenreichen Veranstaltungsrahmen. Cucañas (Klettern auf einen glitschigen Mast) und Sack hüpfen gehörten nun genauso dazu wie heiße Schokolade, Sportveranstaltungen und Blasmusik.

Aus dieser Zeit stammt auch der Böllerschuss als Start- und Endsignal der Tomatenschlacht. Seitdem entwickelte sich die Tomatina zu einer Institution und ist aus Buñol nicht mehr wegzudenken. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte dieser Verrücktheit liegt im Jahr 1975. Von nun an wirkte das Festkomitee Los Clavarios de San Luis Bertrán an der Planung und Durchführung der Gemüseschlacht mit und stiftet obendrein die Tomaten.

Die Wurfgeschosse hatten die Teilnehmer bisher von zu Hause mitbringen müssen. Fünf Jahre später (1980) übernahm schließlich die Stadtverwaltung selbst die Organisation und Förderung des matschigen Festivals.

Tomatina Regeln

Mittlerweile ist das wohl verrückteste Fest Spaniens weltbekannt und erfreut sich internationaler Beliebtheit. Jahr für Jahr strömen nicht nur Teilnehmer und Zuschauer nach Buñol, auch viele Fernsehkameras übertragen den Wahnsinn. Wer mitma(ts)chen will, sollte sich allerdings an ein paar Regeln halten, damit die Tomatina weiterhin ungefährlich und ohne große Zwischenfälle über die Bühne gehen kann:

  • Keine Flaschen oder Gegenstände mitbringen, die zu Unfällen führen könnten.
  • Nicht an T-Shirts oder Hemden reißen.
  • Die Tomaten vor dem Wurf erst zerdrücken, damit es nicht zu Verletzungen kommt.
  • Vorsicht auf dem Zugweg der Lastwagen, die die Tomaten bringen.
  • Nach dem zweiten Böllerknall keine einzige Tomate mehr werfen.

Mehr Informationen zur Tomatina sowie eine Anfahrtsbeschreibung nach Buñol stellt die Stadtverwaltung im Internet zur Verfügung.

Simone Feckler