An der Nordküste Afrikas befinden sich mit den zwei Städten Ceuta und Melilla zwei europäische Enklaven, die beide trotz ihrer geographischen Lage fest in spanischer Hand sind. Ceuta und Melilla haben jeweils etwa 70.000 Einwohner, von denen etwa 85 Prozent spanischer Herkunft und zehn Prozent Mohammedaner sind.

Ceuta liegt auf einer kleinen Halbinsel im Norden Afrikas gegenüber des Felsens von Gibraltar an der Küste des Mittelmeeres und des Atlantiks, Melilla ein bisschen weiter östlich gegenüber der Küste von Almería und Malaga.

Ceuta

Ceuta liegt an der östlichen Einfahrt der Straße von Gibraltar. Der Name Ceuta, arabisch Sebta, stammt von der Bezeichnung Septem Fratres (sieben Brüder). So nannten die Römer die sieben Hügel des im Westen angrenzenden Djebel Moussa. Die Stadt besitzt den Charakter einer andalusischen Stadt, aber in den Straßen zeigt sich ein kulturell gemischtes Bild: Hier verweben sich christliche Einflüsse mit der muslimischen Kultur, stehen jüdische Berberinnen in farbenfrohen Gewändern vor hinduistischen Gotteshäusern.

In der Enklave am Tor zu Afrika sind die unterschiedlichen Einflüsse von Phöniziern, Griechen, Römern und Mauren nicht zu übersehen. Das Gebiet an der östlichen Zufahrt zur Strasse von Gibraltar war schon früh besiedelt, vor der römischen Zeit befand sich hier vermutlich ein karthagischer Stützpunkt. Später gehörte Ceuta zu verschiedenen arabischen Reichen in Marokko oder auf dem spanischen Festland, bis die Stadt 1415 durch die Portugiesen erobert wurde.

Die Enklave unterstand danach dem vereinigten portugiesisch-spanischen Königshaus und ging 1580 in spanischen Besitz über. 1640 wurde dann durch einen Volksentscheid die dauerhafte Zugehörigkeit zu Spanien besiegelt. In Gedenken an das Referendum wird jeden Donnerstagabend auf der Plaza de África die spanische Nationalflagge gehisst. Wer von den 76.000 Einwohnern Zeit hat, mischt sich zu diesem Anlass unter das in Ceutas Straßen typische arabisch-kastilianische Sprachengewirr.

Trotz der Bestrebungen Marokkos, dieses Gebiet zurückzugewinnen, blieb die 19 Quadratmeter große Enklave bis heute spanisch und stellt zusammen mit Melilla einen Zankapfel zwischen Spanien und Marokko dar. Per Schiff nur eine halbe Stunde von der iberischen Halbinsel entfernt, fristet Ceuta heute vor allem ein Dasein als Durchgangsstation nach Marokko. Die Plaza de África ist das Herz des von königlichen Stadtmauern aus dem 16. Jahrhundert umgebenen Zentrums Ceutas.

Sie wird von den wichtigsten und gleichzeitig sehenswertesten Gebäuden der Stadt beherrscht, die im 18. Jahrhundert an die Stelle ehemaliger maurischer Gebäude getreten sind. Die der Stadtpatronin geweihte Kirche Nuestra Señora de Africa mit ihrem Glockenturm wurde 1704 bis 1726 an der Stelle einer Moschee errichtet. Um die barocke Kathedrale Santa María de la Asunción und das Parlamentsgebäude herum herrscht vor allem tagsüber hektisches Treiben – genau wie in der angrenzenden Haupteinkaufsstraße.

Dank der Steuerfreiheit reihen sich dort zahlreiche Schmuck-, Mode- und Tabakgeschäfte aneinander. Die direkt im Stadtzentrum gelegenen arabischen Bäder aus der Zeit der Mauren im 13. Jahrhundert sind die ältesten historischen Bauwerke. Archäologische Funde belegen jedoch, dass schon die Römer die strategisch wichtige Lage der Halbinsel nutzten: Direkt neben einem Gedenkstein an Diktator Franco liegt die Kapelle von San Antonio de Padua. Schlicht in Gelb und Weiß gehalten, birgt sie in ihrem Inneren eine Skurrilität:

Vor einem Altar weist der Steinboden der Kapelle eine tiefe Kuhle auf. Angeblich setzen sich die Frauen an dieser Stelle auf den Boden und drehen sich dreimal im Kreis. Dem Glauben nach bringt San Antonio alleinstehenden Frauen auf diese Weise einen Mann. Das Bild des Monte Hacho prägt die Festung Fortaleza del Monte Hacho. Im 18. Jahrhundert auf Resten einer byzantinischen Burg erbaut, wurde das mächtige Bauwerk zunächst als Gefängnis und später als Militärstützpunkt genutzt.

Auch heute noch ist dort die spanische Armee stationiert. Besucher müssen sich daher mit einer Wanderung um das Monument herum begnügen. Geprägt ist die Stadt Ceuta auch durch seinen Fährhafen, eine nennenswerte fischverarbeitende Industrie und einige Werften. Ihre eigentliche Bedeutung ergibt sich allerdings aus ihrer geografischen Lage an der östlichen Einfahrt der Straße von Gibraltar. Dadurch erlangte Ceuta schon früh militärstrategische Bedeutung: Im Sommer 1936 setzte Franco von hier aus auf die Halbinsel über. Ceuta ist zudem das Ziel tausender Flüchtlinge aus ganz Afrika, die versuchen von hier aus eine sichere Passage für die Einreise nach Spanien und damit in die EU zu erhalten.

Seit die spanische Regierung die Südgrenze des Landes militärisch befestigt und gesichert hat, dass ein Erreichen der Halbinsel fast unmöglich ist, vergeht kaum ein Tag, an dem die Presse nicht von gestrandeten oder aufgegriffenen Flüchtlingen berichtet, die versuchen, in seeuntüchtigen Booten das spanische Festland zu erreichen. Einwandererverbände schätzen, dass bereits mehr als tausend Menschen in diesem Bereich des Mittelmeeres bei ihrer Flucht das Leben lassen mussten.

Flüchtlinge, die lebend von der Guardia Civil aufgegriffen werden, werden nach Berichten der Betroffenen häufig schikaniert, geschlagen, ausgeraubt und umgehend nach Marokko zurückgeschickt. Unter diesen Umständen ist der Weg über Ceuta für die Immigranten weniger gefährlich. Die Behörden der Enklaven haben darauf reagiert, indem sie sowohl Ceuta als auch Melilla mit zwei viereinhalb Meter hohen Stacheldrahtzäunen und einem High-Tech-Befestigungswall regelrecht einmauerten und die Kräfte der Guardia Civil beständig verstärkten.

Melilla

Melilla (auf arabisch Mlilya, berberisch Tamlilt bedeutet die Weiße) ist neben Ceuta die zweite spanische Besitzung an der marokkanischen Mittelmeerküste, an der Ostseite der Halbinsel Guelaia. Die 12,3 km² große Enklave zählt rund 65.000 Einwohner, fast ausnahmslos Spanier, aber auch Muslime, Juden und Hindus. Melilla gehört verwaltungsmäßig zur Provinz Málaga. Melilla ist eine typisch andalusische, spanische Stadt mit alten Festungsbauten, breiten Straßen, einem schönen Park und einer langen Geschichte.

Ihr alter, von starken Festungsmauern umgebener Kern liegt ca. 30 m hoch auf einer kleinen Landzunge und ist seit dem 16. Jahrhundert beinahe unverändert geblieben. Die Altstadt wird Medina Sidonia oder auch Pueblo genannt. Aufgrund der strategisch günstigen Lage war der Ort bereits in der Antike heiß begehrt. Als Russadir von den Phöniziern gegründet, geriet die Hafenstadt zunächst in karthagischen, später in römischen Besitz.

705 wurde Melilla vom zweiten arabischen Eroberungszug überrollt und völlig zerstört, ab dem 10. Jahrhundert jedoch von den verschiedenen marokkanischen Herrscher-Dynastien wieder aufgebaut und zu einem wichtigen Hafen ausgebaut. Die größte Blüte erlebte Melilla im 13. Jahrhundert. 1497 gelang den Spaniern die Eroberung. In der Folgezeit kam es immer wieder zu marokkanischen Angriffen auf das kleine Stück Land.

Trotz aller Versuche der Marokkaner, die Stadt zurückzugewinnen, ist Melilla seit nunmehr 500 Jahren politisch und größtenteils auch wirtschaftlich vom marokkanischen Hinterland abgeschnitten. Seit der Staatsgründung im Jahr 1640 beansprucht immer wieder Marokko Melilla und das benachbarte Ceuta sowie einige kleine spanische Inseln vor der afrikanischen Küste. Die Stadt ist ein Freihafen und folglich ist auch der Fischfang ein wichtiger Wirtschaftszweig.

Der grenzübergreifende Handel (legal oder illegal) sowie finanzielle Transfers aus Spanien oder der EU sind weitere wirtschaftliche Stützen der Stadt. Allerdings ist Melilla heute fast völlig von der Versorgung aus Spanien angewiesen.