Das 12. Jahrhundert

Die Baukunst der Zisterzienser

Seit der heilige Bernhard in Frankreich den Zisterzienserorden gegründet hatte, förderten und schützten die verschiedenen Reiche des christlichen Spaniens die Niederlassung von Zisterzienserklöstern in ihren Gebieten. Auf diese Weise suchten sie ihre Wiederbesiedlungspolitik in den dem muslimischen Spanien entrissenen Zonen zu untermauern und die notwendige landwirtschaftliche Produktion in den häufig durch Streit und Kämpfe erschütterten Reichen in Gang zu bringen. Das im Zisterzienserorden herrschende Ideal der Nüchternheit und Strenge und die Geschicklichkeit des Ordens bei der Schaffung von landwirtschaftlichen Betrieben waren der damaligen Situation mehr als angemessen. Der Orden verbreitete sich rasch über den gesamten nördlichen Teil der Iberischen Halbinsel.
Die von diesen Mönchen in Spanien erbauten Kirchen entsprechen den französischen Gotteshäuser. Dieser Kirchentyp behält die Proportionen, Dicke der Mauern und spärliche Beleuchtung, wie sie für die romanischen Bauten charakteristisch waren, bei. Bei der Bedachung wird allgemein das Kreuzgewölbe verwendet. Dieses Gewölbe wird zu einem der charakteristischen Elemente des neuen gotischen Stils. Bauten wie diese im 12. Jahrhundert in Spanien gegründeten Klöster wurden auch im folgenden Jahrhundert errichtet, in dem der Orden seine Expansion mit Neugründungen weiterführte. Zum Glück ist die Zahl dieser bis heute erhaltenen Klöster recht gross. Sie alle entsprechen dem gleichen Bautyp, aber die neuen Bauformen werden in unterschiedlichem Mass übernommen.

Zisterzienserklöster

Im Königreich Leon fördert Alfons VII. die erste Zisterziensergründung, nämlich das Kloster Moreruela in der Provinz Zamora. Der Bau hat deutlich romanischen Charakter mit Ausnahme der Bedachung in Form von Rippengewölben und gotischen Gewölben. Erhalten sind heute die Ummauerung der Kirche und der Ostflügel des Kreuzgangs.
Neben Moreruela tritt im alten Reich Leon auch das Kloster Osera in der Provinz Orense hervor, das auf spätere Klosterbauten der Zone einen starken Einfluss ausübte. Die Kirche hat einen Chorumgang mit drei radial angeordneten Kapellen. Wenn man von den gotischen Gewölben im Chorhaupt absieht, ist der Bau romanisch.
Als beim Tod Alfons’Vll. Kastilien und Leon voneinander getrennt werden, erbt Alfons VIII. das Reich Kastilien. Auch er begünstigt die Niederlassungen der Zisterzienser. Unter diesen kann das Kloster Santa Maria de Huerta in der Provinz Soria noch heute ein elegantes Refektorium aufweisen, in dem eine in der Mauer angelegte Treppe zur Predigerkanzel führt.
Die Kirche hat ein Chorhaupt, dessen Kapellen an ein und derselben Fluchtlinie liegen – eine für viele Zisterzienserkirchen charakteristische Anordnung. Die Bedachung besteht zum Teil aus gotischen Gewölben. In der Provinz Valladolid wurden in Valbuena de Duero das KIoster Santa Maria, von dem verschiedene Nebenräume vollständig erhalten sind, und das Kloster von Retuerta erbaut, dessen kleine Kirche ein romanisches Chorhaupt hat.

Sakrale ‚Bauten in Katalonien, Aragonien,Navarra

Im Königreich Navarra gelegen, entspricht die Kirche des Klosters Santa Maria in La Oliva völlig dem architektonischen Ideal der Zisterzienser. Die Baukosten wurden von König Sancho dem Weisen bestritten. Der stilreine Innenraum ist von eindrucksvoller Strenge. Alle Bedachungen sind Kreuzgewölbe, und die Stützen zeigen bereits zusammenhängend für die Gewölbe angeordnete Auflagen.
Neben der Kirche befinden sich der als La Preciosa bekannte Kapitelsaal aus dem 13. Jahrhundert und der Kreuzgang, der erst im 15. Jahrhundert entstand. In Fitero in Navarra wurde auch die Kirche des Klosters Santa Maria erbaut. Der monumentale Bau ist vollständig mit Kreuzgewölben bedeckt und hat einen sehr schönen Chorumgang mit radial angeordneten Kapellen.
Nach dem kurz zuvor erfolgten Zusammenschluss der Grafschaft Katalonien und des Königreiches Aragonien entstanden im Gebiet von Tarragona zwei bedeutende Zisterzienserniederlassungen. Das von Ramo’n Berenguer IV. im Jahr 1149 gegründete Kloster Poblet bestand aus einer grossen Anzahl von Räumlichkeiten und erreichte ungewöhnliche Ausmasse. Diese Dimensionen und die Tatsache, dass Alfons XI. und andere Monarchen sich hier beerdigen liessen, bezeugen die Macht, die die Abtei bis weit ins 15. Jahrhundert hinein innehatte.
Trotz des Ideals der Strenge und Nüchternheit, die im Innern durch die fehlende Dekoration zum Ausdruck kommt, verleihen das Chorhaupt mit dem Umgang und die Höhe des Mittelschiffs dem Raum Vielfalt und Pracht. Mit dem Bau des Klosters Santas Creux wurde kurz danach während der Regierungszeit Alfons XI. begonnen
Der Grundriss der Kirche entspricht genau der französischen Kirche von Citeaux. Sie hat ein rechteckiges Chorhaupt mit fünf Kapellen. Es sind zwei Kreuzgänge vorhanden: der kleinere wurde zur gleichen Zeit wie die Kirche angelegt, der grössere entstand im 14. Jahrhundert. Von den anderen Räumen sei der Königspalast von Pedro XI. hervorgehoben.
Weniger bedeutend als die vorgenannten, aber im Königreich ebenfalls erwähnenswert ist das Kloster von Veruela in der Provinz Zaragoza. Von der Anlage sind mehrere Teile erhalten, einige von ihnen kamen im 16. und 17. Jahrhundert hinzu. Die Anfang des13. Jahrhunderts vollendete Kirche hat ein Chorhaupt mit Umgang.


Weitere religiöse Bauten

Nicht nur in diesem bedeutenden Zeitabschnitt der Zisterzienserklöster in Spanien finden wir Elemente des neuen Baustils. Von der Mitte des 12. Jahrhunderts an übernehmen ihn Kathedralen und andere Kirchen in den verschiedenen Reichen. Er wird den ausgesprochen romanischen Bauformen entgegengesetzt. Das erste Beispiel hierfür liefern uns die Kreuzgewölbe am Po’rtico de la Gloria der Kathedrale von Santiago de Compostela, dem Nervenzentrum der spanischen Romanik.
In der Kathedrale von Orense mit ihrem romanischen Grundriss und romanischen Stützen besteht die gesamte Bedachung aus Rippengewölben.
Der Kapitelsaal der Kathedrale von Sigüenza in Guadelajara hat ebenfalls gotische Gewölbe. Das gleiche gilt für die Kathedrale San Vicente in Avila. In Navarra ist die Stiftskirche Santa Maria von Tudela ein gutes Beispiel und in Katalonien das Chorhaupt der Kathedrale von Tarragona.

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