Der Partner mit der kalten Schnauze

Sie werden als Jäger, als Bademeister, als Blindenführer und jetzt sogar als Minensucher eingesetzt. Letzteres ist jetzt groß im Kommen. Der Norweger Tom Fossdal nutzt den ausgeprägten Geruchssinn von Hunden, um in Afghanistan Menschenleben zu retten. Jährlich werden laut Schätzungen bis zu 20.000 Menschen von Landminen getötet oder verstümmelt. Diesem Misstand möchten Fossdal und seine Mitarbeiter in Crevillente entgegen wirken. In der Provinzstadt von Alicante sollen mit der Genehmigung auf einem 33.000 Quadratmeter großen Gelände Trainingsbahnen und Ställe gebaut werden. Elektrizität und Wasserversorgung sind bereits installiert. Fehlen nur noch die Hunde, die dort gezüchtet, trainiert und für den Ernstfall vorbereitet werden sollen.
Fossdal hat sich die Costa-Blanca-Gegend aus einem bestimmten Grund ausgesucht. Das trockene Klima an der Costa Blanca ähnelt dem Klima der wichtigsten Krisenregionen wie zum Beispiel Afghanistan, sagt er. Jetzt, wo der Bürgermeister César Augusto Asencio sein Jawort gegeben hat, können er und sein skandinavisches Team mit dem Bau des European Search Dog Centre beginnen. Sie arbeiten eng mit dem renommierten International Centre for Humanitarian Demining (GICHD) in Genf zusammen. Wir ziehen Tom Fossdal des Öfteren als Berater hinzu, weil er einer der weltweit anerkanntesten Experten zum Thema Landminen ist, sagt GICHD-Abteilungsleiter Håvard Bach.
Der Fachmann ist zurzeit im afghanischen Kabul unterwegs, wo er mit einer Hundestaffel nach Landminen sucht. Der Norweger möchte für seine Hundeschule nur mit langjähriger Erfahrung in Bosnien, Kambodscha, Afrika und dem Nahen Osten einstellen. Sowohl Hund als auch Mensch stehen dann als Experten für Minenräum-Missionen zur Verfügung.
Normalerweise ist ein menschlicher Minenexperte mit zwei Hunden unterwegs, von denen er einen an der langen, einen an der kurzen Leine hält, erklärt Fossdal. Die Hunde riechen den Sprengstoff oder das Metallgehäuse schon von weitem. Ihr Geruchssinn ist bis zu 10.000-mal stärker als die sensorische Kapazität jeder Maschine, erklärt Minen-Fachmann Bach. Die Tiere sind darauf dressiert, den Menschen an die Mine heranzuführen und sich fünfzig Zentimeter daneben auf den Boden zu setzten.
Die Fälle, bei denen dabei die Hunde verletzt wurden, sind wesentlich geringer als die der verletzten Menschen, beteuert Bach. In Afghanistan werden momentan bei der Hälfte aller Minenräum-Aktionen Hunde eingesetzt. Der deutsche Schäferhund ist aufgrund seiner hohen Belastbarkeit der beliebteste und der am häufigsten eingesetzte Spürhund.
Einen Haken gibt es jedoch bei dem Einsatz der Tiere: der Kostenfaktor. Maschinen sind zwar billiger, die Suche dauert jedoch wesentlich länger. Das eigentliche Problem an der neuen Minensuchmethode ist jedoch der Mangel an qualifiziertem Personal und entsprechend ausgebildeten Hunden. Das neue Zentrum in Crevillente ist daher dringend notwenig.

Charlotte Wolter, 15. Mai 2006

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