Juan Goytisoloe

Juan Goytisoloe wurde 1931 in  Barcelona geboren und lebt zur Zeit in Marrakesch.
Er ist Autor  von: Kunststück der Hände (1954), Duell im Paradies (1955), Fiestas (1957), Die Unterströmung (1958), Identitätszeichen (1966), Rückforderungen des Herrn Julián (1970), Johan ohne Land (1975), Makaber (1980), Landschaften nach der Schlacht (1982), Die Tugenden des einsamen Vogels  (1988), und anderen Novellen.

Er ist auch der Autor der dokumentarischen Zeugenaussage Schlachtfeld von Nijar und La Chanca (1962). 1985 erhielt er den Preis Europalia.

Saison in Barcelona

Wenn der Herbst kommt, beginnen die Leute in dieser gesegneten Stadt
Heftig miteinander zu telefonieren.
Sie organisieren gewaltige Feste, küssen sich und begrüßen sich.
Hallo wie geht’s wie lange her du gefällst mir ruf mich mal an

Dann rasiere ich mich sorgfältig
Setze eine besonders erbärmliche Miene auf
Stecke mir ein paar Alkaseltzer in die Tasche
Und beginne mein soziales Leben

Mitunter lande ich in freundlichen Häusern
Wo man mich ganz überrascht empfängt
Und nachdem ich die Gastgeber begrüßt habe
Trinke ich einen Wodka mit Eis und fange an, dummes Zeug zu reden.

Um die Konkurrenz zu erschrecken.

Bei anderen Gelegenheiten ist der Erfolg nicht so selbstverständlich.
Denn ich sehe mich in ernsthafte Diskussionen verwickelt über die Zukunft des Landes
In Wohnungen, wo es nur Rotwein zu trinken gibt.
Und niemand eine Krawatte trägt, denn was würden die Leute sagen.

Am schlimmsten sind die Verlagsempfänge
Auf denen immer ein Mensch aus Uruguay auftritt mit stierem Blick
Sich für gewöhnlich besäuft, Tangos zum besten gibt
Und am Ende in Erinnerungen schwelgt an seine geliebte Mama.

Bei dieser Gelegenheit attackiere ich den nordamerikanischenImperialismus
Trinke diverse trockene Martinis, gebe Autogramme
Und sehe zu, dass ich den gierigen Matronen entwische,
Die mir auf Flur und Toilette auflauern

So geht es, bis Weihnachten vor der Tür steht
Und der Briefträger einen Haufen Glückwünsche auf dem
Tisch hinterlässt

Von Personen, die ich vor noch nicht einmal vierundzwanzig
Stunden zuletzt gesehen habe
Oder von mir unbekannten Individuen, die mir
Ihre Freundschaft, ein neues Waschmittel oder ihre besten
Wünsche andienen
Für das verfluchte gesegnete Neue Jahr.

So lebe ich, sehe zu, dass ich den Fallen entschlüpfe
Die überall zuschnappen könnten
Stehle mich durch die Hintertür von Partys fort
Bedenke die Mädchen mit ein paar Zärtlichkeiten, nehme eine
Dusche
Und warte geduldig, dass sich die Umgebung beruhigt

Natürlich könnte ich alles viel besser machen
Einen Kalender führen und mir alles merken
Aber ich habe keine Zeit, weil ich nach Hause will
Ins Bett und ein Gedicht schreiben möchte
Nach der hunderttausendsten Dusche

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