Grass diskutiert über Wahrheit in den Medien in Nordspanien

Im Rahmen der Festveranstaltungen anlässlich des 25jährigen Jubiläums der Prinz-von-Asturien-Preise kamen am vergangenen Wochenende in einer zweiten Podiumsdiskussion die beiden Prinz-von-Asturien-Preisträger Günter Grass und der italienische Schriftsteller Claudio Magris zusammen. Die Diskussionsrunde, die von Magris geleitet und moderiert wurde, fand am 21. Januar um 19.00 Uhr im Reconquista Hotel im nordspanischen Oviedo statt.
In der asturischen Hauptstadt, die auch der Austragungsort für die jährlichen Preisverleihungen ist, wurde über die Unabhängigkeit der Medien und die Nachrichtenverarbeitung in der Gegenwart diskutiert. Grass zufolge sind die meisten der in Industrieländern lebenden Menschen heutzutage überinformiert, ohne dass sie der Wahrheit dabei jedoch auch nur ein kleines Stückchen näher gekommen wären. Die Menschheit hat noch nie zuvor über so viele technologische Möglichkeiten der Informationsvermittlung verfügt, ist aber dennoch schlechter informiert als früher. so Grass.

Weiterhin führt der Nobelpreisträger kritisch die Abhängigkeit der Presse von wirtschaftlichen Zwängen an. Die mediale Meinungsmanipulation sei alltäglich, wobei der Irakkrieg als Metapher für Manipulation herangezogen wurde. Zudem verwies Grass auf Harold Pinter, den Nobelpreisträger des letzten Jahres, der die CIA als eine kriminelle Organisation beschrieben hatte.

Der italienische Schriftsteller Magris betonte, dass das größte Problem die falsche Wahrheit sei. Außergewöhnliche Ereignisse würden durch die Medien bald in einem Ozean des Vergessens, in einem Rauschen, das die Wahrheit neutralisiert begraben werden. Dies würde soweit getrieben werden, dass, sollte die Wahrheit doch irgendwann zutage treten, sie bereits völlig wertlos sei.

Außer Grass und Magris nahmen an der Diskussionsrunde der deutsche Essayist Ivan Nagel, die Journalistin Massimo Nava von der italienischen Abenzeitung Il Corriere Della Sera, sowie Àngeles Espinosa von der spanischen Tageszeitung El Pais teil.

Die Preise Prinz-von-Asturien (Premios Principe de Asturias), welche erstmals 1981 durch die Stiftung Prinz-von-Asturien verliehen wurde, werden jährlich feierlich durch den spanischen Thronfolger Prinz Felipe (und seit 2004 seiner Gemahlin Doña Letizia) übergeben. Die Preise werden an Personen, Institutionen oder Gruppen aus aller Welt, die sich herausragend durch ihre wissenschaftliche, technische, kulturelle, soziale und humane Arbeit auszeichnen, überreicht.

Kathleen Neumann
25.1. 2006

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