Juan Carlos – König von Spanien …

Am 5. Januar feierte Juan Carlos von Spanien seinen 70. Geburtstag. Er ist seit mehr als 32 Jahren König. 2007 war das schlimmste Jahr seiner Amtszeit.
Der Pomp war nie seine Sache. Deshalb hat Spaniens König Juan Carlos seinen 70. Geburtstag gestern bewusst im Familienkreis begangen. Ohnehin haben die Spanier am 5. Januar anderes zu tun als den Königsgeburtstag zu feiern. Denn am Vorabend des Dreikönigstages ziehen die Weisen aus dem Morgenland durch das Land, und die Kinder bekommen ihre Weihnachtsgeschenke. In diesem Jahr konnte sich Juan Carlos im Kreis seiner drei Kinder und acht Enkel aller Sorgen zum Trotz innerlich zurücklehnen: Aus den Krisen des vergangenen Jahres ist der Monarch gestärkt hervorgegangen.
Das 32. Jahr seiner Regentschaft war eines der schwierigsten für Juan Carlos. Begonnen hatte die Unglückssträhne im Februar, als sich die Schwester seiner Schwiegertochter Prinzessin Letizia das Leben nahm. Im Sommer dann geriet der Monarch politisch unter Druck. Bei einem Besuch in Katalonien verbrannten republikanische Demonstranten Bilder des Königs und seiner Gattin Sofia. Zuvor hatte die spanische Satire-Zeitschrift "El Jueves" eine Karikatur von Kronprinz Felipe und Letizia beim Sex gedruckt, um das neue Kindergeld der Regierung aufs Korn zu nehmen.
Republikanische Abgeordnete forderten plötzlich Einsicht in die Finanzen des Königshauses. Es kam der Vorschlag auf, das Budget von acht Millionen Euro zu streichen gegen ein Gehalt ähnlich des Regierungschefs, auch des Königs Rolle als Oberkommandierender der Streitkräfte wurde infrage gestellt.
Der katholische und traditionell monarchiefreundliche Sender Cope forderte Juan Carlos gar zur Abdankung auf, da er angeblich Verhandlungen mit der baskischen Terrororganisation Eta zugestimmt habe. Im November folgte dann der zweite private Tiefschlag: Seine Tochter Elena und deren Mann Jaime de Marichalar gaben ihre Trennung bekannt. Besonders die politischen Anfeindungen waren neu: Juan Carlos gilt als Garant von Demokratie und Wohlstand und war seit seiner Thronbesteigung nach dem Tod des Diktators Franco im November 1975 geradezu unangreifbar.
Spätestens nachdem er den Putschversuch im Februar 1981 unblutig beendet hatte, galt er unerschütterlich als Vater des friedlichen Übergangs zur Demokratie. Damals hatte eine Gruppe rechtsgerichteter Militärs das Parlament gestürmt und wollte die Armee ausrücken lassen. Der König verhandelte eine ganze Nacht lang mit den Putschisten und konnte sie überreden, den Aufstand abzubrechen. Dabei riskierte er manche Freundschaft.
Juan Carlos, der als Zehnjähriger aus dem Exil nach Spanien kam und unter Francos Aufsicht zum Nachfolger des Diktators erzogen wurde, wuchs unter Militärs auf, die seine zweite Familie bildeten. Gerade das halten ihm seine Gegner vor: Es habe nie einen Bruch mit der Diktatur gegeben, monieren linksgerichtete Politiker und Publizisten. Dennoch blieb der König der gemeinsame Nenner von Alt-Franquisten bis zu Republikanern. Nur unter seiner Regentschaft konnten die nach Unabhängigkeit strebenden Kräften im Baskenland und in Katalonien integriert werden.
Dafür hat man Juan Carlos manche Eskapade nachgesehen, die Rede ist von nächtlichen Ausschweifungen und einer nicht gerade kleinen Schar von Geliebten. Als der britische Historikers Paul Preston 2003 eine Biografie veröffentlichte, in der er auch die dunkle Episode eines Unfalls wieder aufgriff, bei dem der junge Juan Carlos offenbar beim Reinigen der Waffe seinen Bruder erschoss, schwiegen die Medien und Hofchronisten beharrlich.
Umgekehrt übt sich das Königshaus in demonstrativer Volksnähe. Bei Sportereignissen machen die Borbonen die Ola mit, nach den sommerlichen Segeltörns vor Mallorca ließ sich Juan Carlos schon mal bekleidet ins Schwimmbecken schubsen.
Die jüngste Infantin Cristina arbeitet regulär bei einer Kulturstiftung, die bürgerliche Schwiegertochter Letizia wurde als besondere Verankerung der Krone im Volk präsentiert. Dass nun die Legitimationsfrage öffentlich gestellt wird, hat mit der spanischen Zeitgeschichte zu tun. Mit dem Gesetz über die Entschädigung der Franco-Opfer hat die sozialistische Regierung eine Debatte ausgelöst, die bislang mit Verweis auf die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs tabu war. Inzwischen löst sich Spanien von den alten Traumata, und die Monarchie braucht neue Antworten.
Diese hat Juan Carlos im Herbst bei einem öffentlichen Vortrag an der Universität von Oviedo bereits gegeben, indem er seine Regentzeit als "die längste Etappe von Prosperität und Stabilität in der spanischen Geschichte" bezeichnete. Die Medien griffen dies erleichtert auf, die sozialistische Regierung stellte sich demonstrativ hinter ihn. Im November bot sich auf internationalem Parkett die Chance für einen kraftvollen Auftritt.
Bei einer Begleitveranstaltung zum iberoamerikanischen Gipfel in Chile wies der König den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez nach dessen Angriffen auf Spaniens Ex-Premier Aznar in die Schranken. "Porqué no te callas?" – Warum hältst du nicht die Klappe? – ist seither zum geflügelten Wort geworden und Synonym für den ungebrochenen Machtwillen des Königs, der zur Untermauerung desselben Ende des Jahres einen Blitzbesuch der spanischen Truppen in Afghanistan unternahm.
Sogar die linksliberale Tageszeitung "El País" kürte Juan Carlos nun zur "Person des Jahres 2007". Was bleibt, ist die Frage der Thronfolge. Prinz Felípe wird Ende Januar 40 Jahre alt und hat seine "Ausbildung" zum König und Oberkommandierenden der Streitkräfte inzwischen längst abgeschlossen. Es heißt, Juan Carlos habe ihn auf unbedingte Verfassungstreue eingeschworen, abseits aller innenpolitischen Konstellationen und Koalitionen.
Zwar hat der Thronfolger selbst bislang nur zwei Töchter. Doch auch das dürfte kein Problem sein, denn seit der Geburt von Prinzessin Leonor 2005 wird über eine Verfassungsänderung diskutiert, nach dem Motto: In einem modernen Spanien muss auch eine Frau Staatsoberhaupt werden können. Damit ist sogar der Bogen zur Geschichte geschlagen – zur Staatsgründerin Isabell I. von Kastilien.


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