Das Schachspiel in seiner Entstehungsgeschichte

Schach gilt als das populärste Brettspiel Europas. Seine Wurzeln vermuten die Schachhistoriker in Indien, hier soll um 500 n. Chr. die Ur-Form des Schachs entstanden sein. Einen Anhaltspunkt hierfür liefert unter anderem die Tatsache, dass die Grundstellung der Schachfiguren dem damaligen indischen Heer gleichkommt. Als Erfinder gilt einer Legende zufolge Sissa ibn Dahir (auch: Sessa), der mit diesem als Chaturanga bezeichneten Spiel die große Bedeutung der Untertanen für ihren Herrscher hervorheben wollte. Von Indien aus gelangte das Schachspiel höchstwahrscheinlich nach Persien. Von hier stammt die Benennung Shatranj, die deutsche Bezeichnung Schach ist vom persischen Wort Schah (König) abgeleitet.
Zu dieser Zeit erlebte das Schachspiel seine erste Blüte. Viele Gelehrte waren begeistert von dem neuen Spiel. Von Medizinern wurde Schach sogar als psychiatrisches Heilmittel eingesetzt, indem verschiedene Spielstile empfohlen wurden, die den Charakter beeinflussen und Krankheiten heilen sollten.
Im achten Jahrhundert kam das Schachspiel schließlich nach Europa. Die Araber brachten es in der Zeit ihrer Eroberungen auf die Iberische Halbinsel. Im Zuge eines regen kulturellen Austausches zwischen Orient und Okzident wurde in Spanien auf diese Weise die Basis der europäischen Schachtradition geschaffen. Auch hier fand dieses neue Spiel rasch Anhänger und verbreitete sich entsprechend schnell. Im 11. Jahrhundert gehörte es dann sogar zu den sieben Künsten der Ritter – neben Reiten, Schwimmen, Schießen, Ringen, Vogelfang und Saitenspiel.
Auch in die Literatur hielt das Thema Einzug: König Alfonso X. schrieb beispielsweise im Jahr 1238 ein sehr bedeutendes und zugleich kunstvoll gestaltetes Schachzabelbuch: El Libro de Juegos: los libros de ajedrex, dados e tablas (Das Buch der Spiele: Schach, Würfeln und Brettspiele) – die erste ausführliche Darstellung des Schachspiels und gleichzeitig das erste Schachlehrbuch im europäischen Raum. Hierin gibt Alfonso X. nicht nur spielstrategische Informationen, sondern auch eine moralische Botschaft weiter, indem er immer wieder auf die in das Schachspiel einbezogene Friedensphilosophie hinweist. Der kastilische Monarch gilt übrigens als einer der gelehrtesten Regenten seiner Zeit, was auch sein Beiname El Sabio (der Weise) belegt.
Allerdings war das damalige Schachspiel bei weitem nicht so dynamisch wie das heutige. Erst eine Änderung der Regeln im 14. und 15. Jahrhundert verlieh dem Schachspiel mehr Tempo. Vor allem ausgehend von Italien und Spanien wurden neue Gangarten der Figuren initiiert, was unter anderem im Zusammenhang mit der zu dieser Zeit aufkommenden Entfernungsüberwindung durch die Seefahrer und somit als Anpassung an eine neue Mobilität interpretiert wird. So ersetzt im modernen Schachspiel beispielsweise die Dame den schwachen und unbedeutenden Wesir. Als ihr Erfinder gilt neuesten Erkenntnissen zufolge der Valencianer Francesc Vicent, dessen Buch mit neuen Schachregeln 1495 veröffentlicht wurde. Er war nach der Meinung des Schachexperten Garzón derjenige, der die Dame zur stärksten Figur erhob, die beliebig weit gehen darf und damit die größte Bewegungsfreiheit auf dem Brett genießt.
Schachgeschichte schrieb einige Jahrhunderte später auch der Franzose Francois Philidor, der als einer der ersten analytischen Schachbuchautoren in seinem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Werk über den systematischen Aufbau der Partie und die Bedeutung des Bauern ein tiefes Schachverständnis bewies. Viele bekannte Persönlichkeiten versuchten sich – allerdings wenig erfolgreich – im Schachspiel als Gegner Philidors, darunter Voltaire, Rousseau, Napoleon und Benjamin Franklin.
Schon bald darauf entstand eine Gegenbewegung zu diesem analytisch-systematischen Schachverständnis: das romantische Schach. Dieser Spielstil ist nicht auf den strategischen Aufbau einer Partie ausgerichtet, sondern zielt von Anfang an auf Matt, wobei das Opfer eine zentrale Rolle spielte. Diese romantische Epoche fand ihren Höhepunkt mit dem aus Breslau stammenden Mathematiker Adolph Anderssen, der im 19. Jahrhundert mit der Eleganz und Schönheit seiner Partien sogar seine Gegner zu begeistern vermochte.


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