Spanien: Gewalt gegen Frauen weiterhin alarmierend

Todesursache Nummer eins bei den Frauen zwischen 16 und 44 in Spanien sind weder Krankheiten noch der Unfalltod auf der Straße, sondern die Gewalt des Ehemannes.

Alle 18 Sekunden wird eine Frau auf der Welt misshandelt, 18 Sekunden verändern den Kurs eines Lebens, 18 Sekunden, um das Selbstbewusstsein einer Frau zu zerstören, 18 Bilder, die das Schweigen brechen, 18 Frauen, die sich verbinden, um das Gewissen aufzurufen, 18 Sekunden, um zu verstehen, 18 Sekunden für die Hoffnung.

In Spanien steigt die Zahl von Frauen, die von ihren Partner ermordet werden. Auch das vergangene Jahr wartete erneut mit einem traurigen Rekord auf. Nach offiziellen Angaben – Frauenorganisationen geben höhere Zahlen an -, wurden 70 Frauen von ihrem Lebenspartner oder Ex-Partner umgebracht. Das ist erneut ein Anstieg um mehr als 50 Prozent. Schon im Jahr zuvor war mit 52 Opfern ein Höchststand registriert worden. Seit die konservative Volkspartei 1997 an die Macht kam, hatten Frauen in Spanien nicht mehr viel zu lachen. Seither stieg die Zahl der ermordeten und misshandelten Frauen jährlich an. So kritisiert die AI, der Oberste Gerichtshof habe sich geweigert, den Staat für den Schutz von Frauen im familiären Umfeld verantwortlich zu machen.
An der fatalen Situation in Spanien hat auch nichts geändert, dass die PP, nach langer Blockade, im letzten Sommer plötzlich doch noch die Verordnung zum Schutz der Opfer häuslicher Gewalt wegen der dramatischen Entwicklung verabschiedet hat. Böse Zungen behaupten, das habe nur mit der Wiederholung der Wahlen in der Region Madrid zu tun gehabt. Im ersten Wahlgang war in der bevölkerungsreichsten Region den Konservativen die Mehrheit abhanden gekommen. Bis zum Ende des Jahres haben 8.000 Frauen Polizeischutz vor den prügelnden Partner beantragt, wie es die Verordnung seit August ermöglicht. In mehr als 6.000 Fällen wurde der Schutz gewährt, keine der geschützten Frauen wurde bisher ermordet. Trotzdem kam es zu der Regierungsübernahme durch die Sozialisten PSOE im März 2004, welche die konserative PP ablöste. Somit auf Besserung der Lage zu hoffen ist, denn in dem kürzlich veröffentlichtem Jahresbericht des US-amerikanischen State Department zur Lage der Menschenrechte heißt es weiterhin:

Die Gewalt gegen Frauen, besonders die häusliche Gewalt, ist weiter ein Problem.
Am Freitag ist der internationale Tag der Gewalt gegen Frauen. Denken Sie daran. Oder besser: Helfen Sie.

24.11.05
Sonja Kiekens

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