Spanische Peinlichkeiten

Kürzlich ist auf dem Internationalen Kongress über den Wert des Spanischen in Salamanca enthüllt worden, dass Sprachstudenten vergangenes Jahr mehr als 460 Millionen Euro ins Land gebracht haben. Nur fünfunddreißig Prozent davon entfielen auf den Sprachkurs selbst. Der Löwenanteil fließt in Hotel, Tapas, Freizeit und Souvenirs. Man will sich ja fürs Büffeln belohnen. Die spanische Sprache ist also ein kompakter Wirtschaftsmotor, dessen Leistung sich genau beziffern lässt. Und jeder, der so einen Kursus schon einmal besucht hat, weiß, dass die spanische Fundamentalerfahrung weit über Vokabeln und Verbtabellen hinausgeht. Die ausländischen Studentinnen (es sind viel mehr Frauen als Männer) beschäftigen sich ausgiebig mit Kultur, Gesellschaft, Küche und sonstigen Spezifika des Landes.
Lustig ist nur, dass unser geliebtes Spanien aufgrund seiner Wirtschaftsstärke bis vor kurzem einen eher hegemonialen Diskurs pflegte. Oder sollte man sagen: kolonialen? Die Madrider Behörden sprachen nämlich gern von der Macht des „castellano“, also des spanischen Spanisch, und wedelten mit der erstaunlichen Ziffer von mehr als vierhundert Millionen Spanischsprechenden weltweit, vergaßen aber zu erwähnen, dass nur ein Zehntel davon auf dem europäischen Kontinent zu Hause ist. Die eigentliche Sprachmacht geht von Iberoamerika aus. Und es war höchste Zeit, dass der Verbund der zweiundzwanzig Sprachakademien sich daranmachte, dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Vor drei Jahren erschien endlich ein großes „Panhispanisches Wörterbuch der Zweifelsfälle“, in dem die vielen regionalen Varianten des Spanischen erklärt werden, ohne dass die amerikanischen Formen als Abweichungen von der geheiligten Muttersprache erschienen.
Klassiker der Peinlichkeiten
Was Sprachtouristen zunächst Kopfzerbrechen bereiten mag, weil es die Komplexität des Lernstoffs erhöht, stellt in Wahrheit einen immensen lexikalischen und lebensweltlichen Reichtum dar, nicht nur in der Aussprache, sondern auch in der Wortwahl. Der Klassiker aller Peinlichkeiten ist das Verb „coger“, das in Spanien „nehmen, packen, greifen“, in Lateinamerika jedoch „vögeln“ bedeutet. Als hispanische Konsumenten für die nordamerikanische Werbung interessant wurden, produzierte eine Firma für Insektenvertilgungsmittel einen Werbespot, in dem es hieß, das Produkt töte unfehlbar „bichos“, was Mexikaner korrekt als „Ungeziefer“ verstanden; in Puerto Rico heißt „bicho“ jedoch „Penis“. Das muss künftige Studenten und Studentinnen des Spanischen gar nicht abschrecken, sondern sollte sie erstens zum Lachen bringen und ihnen zweitens eine altbekannte Botschaft vermitteln: Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir.

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