Valencia zwischen Euphorie und Skepsis

Valencia entwickelt sich zur Metropole für sensationelle Ereignisse: im Juli der Papstbesuch, drei Tage später tagen Weltraumforscher aus aller Welt in der Landeshauptstadt und 2007 steht dann das Spitzenevent an – die Austragung des 32. America`s Cup. Ein Ereignis, das Millionen verschlingt und die Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben der Stadt immer größer werden lässt, das aber auch Gelder in Milliardenhöhe und Tausende neuer Arbeitsplätze einbringen soll. Politiker schwärmen von einem Valencia, das durch die Formel 1 der Segelwettbewerbe schöner und moderner denn je erstrahlen wird.
Wer sich jedoch in den nächsten Monaten in Valencia einen ruhigen entspannenden Urlaub verspricht, wer sich an dem Hafenflair ergötzen möchte, wird bitter enttäuscht sein. Denn die ganze Stadt steckt bis zum Hals in Bauarbeiten. Allein in die Umgestaltung des Hafens fließt eine halbe Milliarde Euro. Ein neuer 600 Meter langer Kanal soll den Yachten den Weg aufs Mittelmeer freigeben. Ein 13.000 Quadratmeter großes Besucherzentrum wird den VIP-Gästen bequeme kühle Zuschauerlogen anbieten. Im Zentrum soll es die Cème de la Crème noch komfortabler haben: Für 40 Luxusyachten wird ein eigener Anleger gebaut.
Aber nicht nur mit dem Hafen wollen die Valencianer glänzen, auch der Flughafenterminal musste sich einem Umbau unterziehen.
Trotz der enormen Ausgaben ist Juan Eduardo Santón, Direktor des Strategie- und Entwicklungszentrums (CEyD) und Stadtrat für Innovation in Valencia, überzeugt, dass sich der Americas Cup positiv auf die Stadt auswirken wird. Auf der CEyD-Website bezeichnet er den Cup als Chance Valencias um sich international als touristisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum zu profilieren. Die Formel 1 der Segelwettbewerbe sei eine willkommene Gelegenheit, um mittel- und langfristige Projekte anzutreiben und Valencia auch auf internationaler Ebene mehr in den Vordergrund zu rücken. Er rechnet nicht mit einer Post-Event-Krise, die beispielsweise Barcelona nach den Olympischen Spielen heimsuchte.
Doch nicht alle Bürger teilen Santóns Begeisterung. Sprecher der Bürgerinitiative Salvem el Cabanyal, Faustino Villora, setzt sich seit Jahren für den Erhalt des traditionellen Fischerviertels ein. Nichts, aber auch gar nichts werden wir hier von der Copa de América haben, sagt er. Das 20.000-Einwohner – Viertel kämpft gegen den Verfall, gegen Drogenhandel, Kleinkriminalität und Armut an. Bei uns wird wohl ein wenig Fassadenputz betrieben, aber das wars dann auch schon, meint Villora.
Von den Gelder, die für den Cup, locker gemacht wurden, wird seine Initiative El Cabanyal nicht viel zu Gesicht bekommen. Villora rechnet höchstens mit drei Millionen für bessere Bürgersteige. Damit die Gäste besser bummeln können, erklärt er trocken.

Charlotte Wolter,
16. Mai 2006

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