Zigarettenabsatz steigt …..

Nach drei Jahren des gesetzlichen Rauchverbots steigt der Zigarettenabsatz in Spanien jetzt wieder merklich an

Ein Gesetz geht in Rauch auf



  • Das Rauchverbot in Spanien wird vielerorts ignoriert.


  • Tabaksteuer ist noch immer niedrig.

An der Eingangstür zur Bar prangt ein großer Aufkleber: „No se fuma.“ („Man raucht nicht.“) In der Bar, unterhalten sich zwei, drei Dutzend Gäste angeregt. Auf dem Tresen  stehen kleine Kaffeetassen, Gläser mit Wein oder Bier, auch ein Brandy – und ein überquellender Aschenbecher. Die meisten Gäste rauchen.
Das gesetzliche Rauchverbot, das bei Lokalen mit weniger als 100 Quadratmetern die Festlegung auf Raucher- oder Nichtraucher-Lokal verlangt, kümmert weder den Wirt noch seine Gäste oder gar den Beamten der Ortspolizei, der sich eine Pause vom anstrengenden Patrouillendienst im Streifenwagen gönnt.
Manchmal steht am Eingang der Bar auch „Prohibido fumar.“ („Rauchen verboten.“) Das klingt zwar unfreundlicher, ändert aber auch nichts. Das seit 1. Januar 2006 geltende Antitabakgesetz hat sich in bestimmten selbst geschaffenen Freiräumen der Spanier in Rauch aufgelöst.
Drittel der Spanier raucht
Vor allem bei der Anzahl der verkauften Zigaretten hat das Rauchverbot die Hoffnung der Gesundheitspolitiker nicht erfüllt. Gab es von 2005 auf 2006 – also im ersten Jahr der Gültigkeit – im Untersuchungszeitraum von Januar bis Oktober noch einen deutlichen Rückgang der verkauften Packungen von 3,87 Milliarden auf 3,75 Milliarden, nähern sich die Zahlen nun wieder unweigerlich dem Ausgangsniveau an.
Laut der Tageszeitung „El País“ ist heuer die Zahl der verkauften Zigaretten gegenüber dem Vorjahr um 1,29 Prozent gestiegen, mittlerweile hält man wieder bei 3,80 Milliarden verkauften Packungen zwischen Jänner und Oktober.
Mit 750.000 neuen Nichtrauchern hatte José Martínez Olmos, Generaldirektor in Spaniens Gesundheitsministerium, bei der Verabschiedung des Gesetzes gerechnet. Dafür sprach auch, dass die Verordnung von vielen Spaniern positiv aufgenommen wurde. Vor allem von jenen, die schon hundert Mal aufgehört hatten, um irgendwann doch wieder bei „Ducado“ oder „Marlboro“ zu landen.
Strikt befolgt wird das Rauchverbot aber jedenfalls in öffentlichen Gebäuden. Das Foto einer vor der Eingangstür eines Krankenhauses bei sichtbar klirrender Kälte rauchenden Krankenschwester ging unmittelbar nach dem Inkrafttreten des Gesetzes durch alle spanischen Medien und wurde gewissermaßen zum Sinnbild der neuen Zeiten.
Am Arbeitsplatz halten sich die Spanier, von denen ein Drittel regelmäßig zum Glimmstängel greift, ebenfalls an das Rauchverbot. Vor allem die Firmenleitungen achten penibel auf die Einhaltung, denn niemand will sich den Scherereien aussetzen, die die Anzeige eines missvergnügten Arbeitnehmers nach sich ziehen könnte. Meist ist das Rauchen sogar auf dem gesamten Betriebsgelände verboten, das Verlassen desselben während der Arbeitszeit ebenfalls.
Letzteres wird seit einiger Zeit aber immer häufiger infrage gestellt. So gab etwa das Oberste Landesgericht von Navarra einem Arbeiter recht, der das Betriebsgelände in der Pause verlassen hatte, um sich außerhalb eine Zigarette anzustecken. Rauchen sei ein individuelles Recht und in der Pause habe das Vorrang, befand das Gericht. So gesehen ist es vermutlich auch nicht allzu überraschend, dass im Sommer auftauchende Meldungen über eine Verschärfung des Rauchverbots umgehend dementiert wurden.
2,70 Euro fürs Päckchen
Eine solche Verschärfung hat vor allem das Nationale Komitee zur Prävention der Tabakabhängigkeit immer wieder gefordert. In der Praxis haben zwar die meisten Restaurants und Lokale mit mehr als 100 Quadratmetern Fläche pflichtgemäß abgetrennte Raucherzone eingerichtet, das Hotel- und Gaststättengewerbe nimmt die Bestimmungen dem Komitee zufolge aber nicht immer allzu ernst. Für Rodrigo Córdoba vom Antitabakkomitee wäre die einzig wirksame Maßnahme zur Senkung der Raucherzahlen daher die drastische Erhöhung der Tabaksteuer. Denn noch gehört Spanien mit Päckchenpreisen von 2,30 bis 3,50 Euro zu den billigeren Ländern.
Doch auch der Lenkungseffekt dieser Maßnahme scheint derzeit ungewiss. Denn in Zeiten der Wirtschaftskrise steigt nach – statistisch nicht repräsentativen – Beobachtungen von Gastwirten sowohl der Alkohol- als auch der Zigarettenkonsum. Man gönnt sich ja sonst nichts mehr.


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